Etappe 1 Die Reise beginnt
- PH16
- 6. Jan. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Jan. 2021
Es geht also los... Die Reise, auf die ich mich die letzten Wochen und Monate vorbereitet habe, startet nun endlich. Am Morgen des 14. August, mache ich mich auf den Weg mit der S-Bahn in Richtung Ahrensfelde, wo meine erste Etappe starten soll. Mein Auto steht jetzt bei meinen Eltern, so ist es mir lieber, denn wenn ich irgendwo auf dem ca. 400km langen Weg aufgeben muss und einen Plan B brauche, weiß ich, dass Sie für mich da sind und mir mein Auto hinterher bringen können. Das nimmt schon mal ein wenig Druck von den Schultern. Nun aber zum Wesentlichen, der Zug hält in Ahrensfelde, ich steige zögerlich aus, denn ich habe absolut keine Ahnung, was mich die nächsten 14 Tage erwarten wird.
Es ist Ekelwetter, grau und kühl, ist mir aber vollkommen Wumpe, denn ich habe jetzt erstmal was vor! Erstes Ziel heißt Biesenthal, ein von Ahrensfelde ca. 27km weit entferntes Dorf? Stadt? Ich werde es herausfinden. Die ersten Kilometer lausche ich nur in meinen Körper hinein. Hält mein Mittelfuß den ich mir im Januar noch gebrochen hatte? Ist das Gepäck auch nicht zu schwer? Ich bin immerhin mit einem 70L Rucksack + Wurfzelt, Isomatte und Co. unterwegs. Wie machen meine Muskeln mit? Bin ich schon da? Die Antworten lauten: Noch ja, noch nein, noch gut, noch nicht, in dieser Reihenfolge.
Ahrensfelde ist schnell hinter mir gelassen. Ich komme entlang von Feldern und kleinen... (möchte gern) Randberlindörfern langsam Richtung nördlichen Berliner Ring (A10). Ist schon cool, wenn die Autos alle mit 120km/h unter der Brücke zu deinen Füßen durchscheppern. So bräuchte ich nur 3 1/2h, bis zu meinem Zielort Lohme, im Norden Rügens. Aber das könnte ja jeder!
Nach dem Dörfchen Birkholz, geht es an einer gut frequentierten und ziemlich lauten Modelflugzeugstrecke vorbei. Freitagfrüh auf irgendeine Wiese in Brandenburg zu fahren, um Plaste-Flugzeuge starten zu lassen, wäre so ziemlich das Sinnloseste, mit der ich mir meine Zeit vertreiben würde. Aber nun gut, das sagen ziemlich viele Leute ja auch über uns Fußballfans, jedem das Seine.
Es geht weiter Richtung Wald und kurz danach an mehreren Siedlungen vorbei, immer weiter Richtung Bernau. Schon hier wird mir klar, ich spare Zeit und Weg wenn ich quer über das Feld laufe, anstatt den ursprünglichen Weg drum herum. 3 Stunden bin ich bereits unterwegs ohne größere Pause, ich will erstmal was schaffen, bevor ich mir meine Pause verdient habe. Im Zentrum Bernau ist es dann aber so weit.
Schnell bei einem Supermarkt ein bisschen was kaltes, schnelles zum Essen besorgt, setze ich mich auf eine Parkbank nahe der Stadtmauern. Daran werde ich mich gewöhnen müssen die nächsten 14 Tage. Kein Herd, kein Ofen, und wirklich nicht oft die Möglichkeit an Restaurants oder Imbißen vorbei zu kommen. Bernau ist gar nicht mal so hässlich, denke ich mir während ich Käsewürstchen und einen Joghurt-Drink in mich hineinschaufle. Diesen Gedankengang werde ich noch häufiger von vielen Städten auf meiner Reise bekommen. Bekommt man halt alles nicht so mit, wenn man immer nur mit Auto unterwegs ist und alles nur schnell, schnell gehen muss.
Nach meiner Pause geht es weiter Richtung Norden. Was Sinn macht, denn die Ostsee liegt auch in Richtung Norden. Nordbernau ist dann nicht mehr ganz so spektakulär, wie noch das Stadtzentrum. Nach ewig langem Geradeauslaufen, geht es halb rechts weg in Richtung Lobetal. Dieser Teil der Strecke war wirklich nicht all zu prickelnd. Entlang einer, warum auch immer, plötzlich viel befahrenen Kleinstraße, fahren gefühlt 40.000 Autos in der Minute an mir vorbei und machen diesen 2km langen Streckenabschnitt, einfach nur nervig und überflüssig. Das lag aber auch daran, dass mir langsam echt die Füße in meinen Wanderstiefeln weh taten, was eindeutig nicht nur an der fast 20km Strecke lag die ich schon in den Beinen hatte, sondern definitiv auch am schweren Ballast auf dem Rücken. Aber zu der Problematik (es wird definitiv eine), komme ich später noch. In Lobetal, war dann wieder eine kleinere Pause angesagt.
Ich freute mich auf den letzten Teilabschnitt von Etappe 1, denn als ich mir die Strecke vorher selbst zusammengestellt hatte, sah ich, dass sie durch einen sehr schönen Waldabschnitt führte, mit Auen und kleinen Bächen. Die Verbundenheit zur Natur, war und ist einer der Hauptgründe für diese Reise und auch warum ich sie zu Fuß angetreten bin und nicht mit dem Fahrrad oder ähnlichen Fortbewegungsmitteln. Du siehst mehr, hörst mehr und nimmst viel mehr von deiner Umgebung wahr, wenn du zu Fuß bist! So war es dann auch. Ein wunderschöner Wald und wunderschöne Natur. Hier ein See, da ein paar Biberdämme und leider auch in den feuchten, dunklen Waldgebieten, Mücken! Scheiß Viecher! Das muss auch mal gesagt werden. Bei all der Schönheit der Natur, merke ich langsam aber sicher doch, dass die letzten 5-6h laufen, nicht spurlos an mir vorbei gegangen sind. Die Muskeln werden sauer, der Rücken und die Schultern ziehen, weil der Körper die Belastung des Rucksackes nicht gewohnt ist. Ach ja und ein wenig fallen die 25 bisher gelaufenen Kilometer, auch irgendwie ins Gewicht.
Die letzten Kilometer sind eklig. Am Ortseingangsschild von Biesenthal, kommt dann zum ersten Mal, eine kleine Siegerfaust von mir zum Vorschein. Bääm, geschafft!
Auf geht's zur Pension. Aufgrund der nachfolgenden Schilderungen, lasse ich den Namen der Unterkunft lieber unerwähnt. Klingt witzig, ist es aber nur bedingt. Ein Bett war vorhanden und 30 Minuten vor dem Duschen musste dann ein Warmwasserboiler eingeschaltet werden... das muss als Erklärung reichen!
Ich empfehle Jedem, der solch eine Wanderung vor hat, sich Multifunktionsunterzieher zu besorgen und zu tragen. Sie sind zwar relativ teuer in der Anschaffung, was allerdings durch ihre zahlreichen positiven Eigenschaften locker wett gemacht wird. Sie sind sehr leicht und dünn, man schwitzt weniger und wenn man doch schwitzt, sind sie wesentlich geruchsärmer als normale Baumwollklamotten oder ähnliches. Noch dazu, nehmen sie kaum Flüssigkeit auf, was mich zum letzten und entscheidenden Punkt bringt. Ihr könnt sie jeden Abend waschen und sie sind am nächsten Tag wieder trocken! Egal ob in der Dusche im Hotel, dem See am Campingplatz oder dem Waschbecken in der Jugendherberge wascht sie jeden Abend. Das spart euch Gewicht im Gepäck und Stinkeklamotten im Rucksack. Ersteres wird wie gesagt noch Thema!
Zu Biesenthal selber, bleibt nur so viel zu sagen: Es ist klein, hat aber einen Supermarkt, einen Getränkehandel und einen Dönerladen. Klar das man da dann auch erstmal Pizza isst. Nach dem Duschen in der Unterkunft, plötzlich DER Lichtblick...! W-LAN!!! Der verzweifelte Versuch ein W-LAN Netzwerk der Pension, zu finden wird zum Triumphzug. Ständiges Google Earth checken, um sicher zu gehen, dass man noch auf Kurs ist, sinnlose Whatsapp Videos in Gruppenchats downloaden, sowieso nach ''Sehenswürdigkeiten'' Biesenthals zu suchen, zehren an meinem Datenvolumen.
Zumal ich jetzt sicher bin, dass ich das Championsleague-Spiel Barca-Bayern wenigstens auf dem Handy gucken kann. Zuvor unternommene Versuche eine Kneipe mit SKY in der Weltstadt Biesenthal zu finden waren leider erfolglos.
Kommen wir zurück zu den Themen die Wanderer interessieren. Der erste Tag war hart! Die Muskeln waren am ersten Tag das Hauptproblem, aufkommender Muskelkater an verschiedenen Bereichen die nicht oft belastet werden, geben einem zu denken. Wichtig ist hierbei, gebt dem Körper Nährstoffe zurück, die er den Tag über verballert hat! Versucht so viel wie möglich zu schlafen und versucht übermäßigen Biergenuss zu vermeiden. So schwer Letzteres auch klingt, Alkohol übersäuert eure Muskeln, der Muskelkater wird schlimmer und euer Muskelapparat leistungsschwächer.
Wiederum ist der Blick der einem zugeworfen wird, wenn man alleine auf einer Bank am Dorfplatz sitzt mit alkoholfreiem Bier, Strafe genug. Es liegt an euch abzuwägen was euch persönlich wichtiger ist. Nach dieser doch prägenden Erfahrung, habe ich es für den Rest der Wanderung entweder im Zelt getan, auf dem Zimmer oder im Dunkeln ab 20:00 Uhr, auf den jeweiligen Dorfplätzen, wenn niemand mehr den Aufdruck auf meiner Flasche erkennen konnte, um so zu sehen, dass es sich um alkoholfreies Bier handelt. Dankt mir später.
Das dann noch die Bayern 8:2 gegen Barcelona gewannen, war ein top Ende für einen lehrreichen und schweren ersten Tag. Trotzdem geht man man mit gewissen Zweifeln ins Bett, weil du doch merkst, dass das ganz und gar nicht einfach wird!

(am Bahnhof Lichtenberg, Verabschiedung von meiner Mutter)
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