Etappe 8 Hallo Usedom
- PH16

- 30. Dez. 2020
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Feb. 2021

(mein langjähriger Kumpel Olaf und ich beim Abendessen in Wolgast)
Tag 8 beginnt mit einem Gang zum Sportladen, nachdem ich mit dem Frühstücken fertig bin. Abends beim Einschlafen kam mir die Idee, mir neue Wandersocken zu kaufen, um dem Blasenproblem noch mehr entgegen zu wirken. Diese Entscheidung sollte sich als goldrichtig erweisen, da meine bisherigen Socken schon zu stumpf, durch das tägliche Waschen waren. Nach meinem morgendlichen Ritual des Tapens und Pflaster kleben, geht es also in Anklam los über die Peene, entlang der B109, weiter nach Relzow und Murchin. In Murchin bekommt man immer schon Vorfreude als Auotofahrer, denn es ist der letzte Ort auf der Festlandseite, bevor es weiter nach Usedom, über die lange Autobrücke geht.
Bis hierhin ist alles relativ unspektakulär, bemerkenswert hierbei ist allerdings, das selbst hier schon die Felder und Wiesen nach Meer und sogar etwas fischig riechen. Ob da nur der Wunsch, Vater des Gedankens war, lassen wir mal dahin gestellt. Dennoch genieße ich jeden Schritt, jeden Windzug, jeden Weg über den ich gehe, denn ich weiß am Ende des Tages, stehe ich in Wolgast vor der Brücke, die mein Tor zur Insel Usedom wird. Eine Insel die für mich sinnbildlich für das Wort ''Urlaub'' steht. Egal ob jedes Jahr zu Silvester, Im Sommer zum Strand gammeln und baden, oder an verregneten Novemberwochenenden zum Kraft tanken, Usedom ist Erholung, ist Freude und mittlerweile fast sogar schon ein Stück Heimat. Aber erstmal gilt es diese Etappe zu meistern.
Das Land hier ist so platt, das ich oft das Gefühl habe, bereits auf einer Insel zu wandern. Das mindert natürlich den Kraftaufwand enorm, wenn man zum Beispiel die Uckermark mit ihren unzähligen Hügeln als Vergleich nimmt. Es geht durch schöne Mischwälder, an satten Feldern und mitunter riesigen Pfützen vorbei. Das mit der Trockenheit und dem seltenen Regen, scheint hier noch nicht angekommen zu sein in Mecklenburg-Vorpommern.

(alles platt)
Ich will auch nicht wissen, wie selten hier ein Mensch vorbei kommt, denn wenig später, ist ein Greifvogel auf einem Baum rechts von mir, dermaßen überfordert mit der Tatsache, das ich gefühlte 50m an seinem Stammbaum (Wortspiel gewollt) vorbei laufe, das er völlig panisch und wild kreischend Reißaus nimmt. Selbst ich erschrecke mich dabei, denn die einzigen Geräusche, die ich seit Stunden höre, sind Grillen und weit entfernte Vögel.
Später am Tag komme ich in Zemitz an, einem Dorf voll mit Strohdachhäusern, knallbunt angestrichen und mit top gepflegten Vorgärten. Genau das, was man sich unter einem Dorf in Vorpommern vorstellt, unweit der Küste. Nachdem ich das Dorf verlassen habe, passiere ich einen kleinen Wald und danach tatsächlich mal einen Hügel. Ganz oben angekommen kann ich sie dann endlich sehen, die Insel Usedom.

(Das Landstück hinter dem Peenestrom, ist bereits Usedom)
Jenseits des trotzdem noch weit entfernten Peenestromes und des Achterwassers, ist sie nur leicht zu erkennen, wie ein gewöhnliches anderes Ufer eines Flusses. Aber für mich, am 8. Tag meiner Wanderung, ist es so viel mehr! Es ist kaum zu beschreiben bzw. verständlich zu machen, wie sehr man sich darüber freut, aber solche Anblicke und Momente sind es, die besonders in Erinnerung bleiben bei solch einem Abenteuer. All die Tage der Anstrengung, der Unsicherheit, ob man sein Ziel erreicht und der Vorfreude auf das, was als nächstes kommt, werden in solchen Situationen greifbarer und emotionaler, als wenn man nur an irgendeinem Maisfeld vorbeiläuft. Die erste meiner 3 Zielinseln ist zu sehen, und das setzt wieder einmal ungeahnte Energien und Emotionen frei. Ein paar hundert Meter weiter, ist dann auch endlich Wolgast mit seiner Werft zu erkennen. Natürlich auch noch weit entfernt, aber es läuft sich wesentlich besser, wenn man sein Ziel ständig im Auge hat und merkt, dass man langsam aber sicher immer näher kommt.
In der Folge laufe ich wieder an vielen alten, schönen Häusern vorbei, die mit viel Liebe zum Detail wieder hergerichtet wurden. Viele von Ihnen sind völlig abgelegen und für ein paar erholsame Tage zu mieten. Eine ernsthafte Option für die nächsten Urlaubsplanungen! Kurz danach komme ich in Hohendorf an und nach einer kurzen Pause inklusive 30 minütigen Nickerchen, geht es die letzten 4 Kilometer in Richtung Wolgast. Das Wetter ist ziemlich bescheiden, allerdings laufe ich parallel zur UBB (Usedomer Bäderbahn), was das Urlaubsgefühl in mir weiter ansteigen lässt. Als Erstes komme ich am Bahnhof Wolgast an, kurz darauf geht es am Hafen und der Werft vorbei in Richtung Altstadt. Mein Zielort ist ''der Speicher'', eine schicke Pension direkt auf der Schlossinsel Wolgast's, unmittelbar vor der großen Peenebrücke nach Usedom. Eine tolle Unterkunft mit rustikalen und viel Holz bestückten Zimmern, mit einem tollen Ausblick auf Wolgast.
Es ist nun Zeit einen alten Kumpel zu kontaktieren der zufälliger Weise, genau an diesem Tag in Wolgast arbeitet. Ich gehe mit Olaf, dem Vater einer meiner besten Freunde, abends essen. Es tut gut sich nach 8 Tagen mal wieder mit einem Freund zu unterhalten! Wir trinken gemeinsam Hefeweizen, essen lecker Fisch und lassen uns anschließend ein paar Fischergeist schmecken. Ich genieße diesen Abend sehr, denn er zeigt mir mal wieder wie wichtig Freunde und sozialer Kontakt sind! Er erzählt mir, dass er und seine Frau Claudia die anschließende Woche in Lubmin Urlaub machen werden und was ich für eine Meise hätte, hier hoch zu laufen, anstatt zumindest mit Fahrrad zu fahren. Er zollt mir allerdings auch größten Respekt dafür, und das taten tatsächlich alle, denen ich von dieser Tour erzählte.
Wir scherzen darüber, das man sich ja vielleicht nochmal die nächsten Tage über den Weg läuft, denn mein Weg führt mich auch an Lubmin vorbei. Am Ende des Abends lädt er mich sogar ein und wir torkeln gemütlich jeder für sich, zurück zu unseren Unterkünften. Ein überragender und unverhoffter Abend!
Er endet damit, dass ich im Bett liege, im Fernsehen sehe wie Manchester United auf den Sack kriegt und nebenbei die Greifswalder Oie google. Denn morgen am Samstag den 22.8.2020, geht für mich ein Lebenstraum in Erfüllung. Ich fahre ab Peenemünde mit einer Fähre zu dieser kleinen, traumhaften Insel, mitten in der Ostsee Namens Greifswalder Oie. Ihr kennt sie alle, denn das Leuchtfeuer des Leuchtturmes auf dieser Insel ist sowohl von Rügen als auch von Usedom sehr gut bei Nacht zu sehen. Jedes mal, wenn ich nachts diesen Leuchtturm weit draußen auf See sah, wuchs in mir der Wunsch diesen Ort eines Tages zu besuchen. Bilder, Reportagen und Geschichten ließen diesen Wunsch immer stärker in mir wachsen. Somit heißt es morgen nochmal Arschbacken zusammenkneifen, 16km Vollgas zu geben bis nach Peenemünde und dann den restlichen Tag auf der Oie (Oi ausgesprochen) zu genießen, was auch immer mich dort erwarten möge. Das Einzige, was mich vor dem Schlafen gehen nachdenklich stimmt, sind diesmal keine Schmerzen oder Ungewissheit, sondern nur die Hoffnung auf nicht ganz zu schlechtes Wetter, denn die Prognosen sind mit ca. 80% Regenwahrscheinlichkeit nicht besonders rosig. Allerdings mache ich mir nicht all zu viel Sorgen darüber, immerhin habe ich immer noch gemütlich einen sitzen.





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