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Etappe 9 Ein Traum geht in Erfüllung- Greifswalder Oie

  • Autorenbild: PH16
    PH16
  • 29. Dez. 2020
  • 9 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 2. Feb. 2021

Poah, habe ich einen Schädel. Aber der Abend war es wert!

Beim wirklich hervorragenden Frühstück, werden dann auch erstmal gefühlte 8 Gläser Orangensaft getrunken, zur Bekämpfung des katerbedingten Brandes. Ich hoffe das meine Muskulatur durch den abendlichen Exzess, nicht zu sehr übersäuert ist und trotzdem ihre gewohnte Leistung abrufen kann. Aber heute sind es ja auch vergleichsweise wenige Kilometer zum Erreichen meines Zieles Peenemünde. Nachdem ich dann auf der Greifswalder Oie war, fährt mich die Fähre wieder in Richtung Festland nach Freest, wo ich auf einem Campingplatz schlafe, untergebracht in einem Fass!

Ja ich habe mir immer wieder tolle kleine Highlights gebucht, die jeden Tag zu einem noch größeren Abenteuer werden lassen, als sie es ohne hin schon sind. Aber dazu später mehr.


(Peenebrücke in Wolgast)


Jetzt geht es erstmal ganz langsam und entspannt Richtung Peenebrücke.

Ich zelebriere wirklich jeden Schritt auf dieser Brücke, mit einem dicken, fetten Grinsen im Gesicht. Selbst die Autofahrer die auf der Brücke im Stau stehen, werden von diesem Grinsen angesteckt! Das Wetter ist absoluter Schmutz, aber das ist mir in diesem Moment vollkommen egal! Usedom, da bin ich! Da kann man schon stolz drauf sein... Links am Ortsausgang Wolgast, geht es dann immer entlang des Peenestromes, erst nördlich und später dann immer westlicher Richtung Hafen Peenemünde. Ich laufe an Tauchschulen, kleineren Yachthäfen und Campingplätzen vorbei, und weiter durch ein verschlafenes Fischerdorf in Richtung Deich. Ich glaube unerlaubter Weise passiere ich ein hüfthohes Holztor, das mich direkt auf den Deich führt. Auf diesem laufe ich dann bis zum Hafen von Karlshagen. Ein Traumhafter Weg! Auf der rechten Seite mit einem weiten Blick auf Usedom und links mit der Peene, die sich mit einem zusammen immer weiter in Richtung Ostsee schlängelt.

Der Deich-Weg wird sogar noch schöner hinter dem Yachthafen Karlshagen. Weit entfernt sieht man schon die Schornsteine des alten Kraftwerks in Peenemünde. Die Vorfreude in mir auf die Greifswalder Oie steigt immer mehr an, und selbst das Wetter wird minimal besser.


(gesprengte Bunker kurz vor Peenemünde, vom Deich gesehen)


Bald passiere ich alte Stacheldrahtzäune und halbherzig gesprengte Bunkeranlagen, die hier noch an die Zeiten des 2. Weltkrieges erinnern und an die Bombenversuche, der V1 und V2, die hier entwickelt und gebaut wurden. Das Gebiet rund um Peenemünde, mit seinem Museum, dem alten Flughafen und dem Kraftwerk, sind immer wieder eine Reise in die Vergangenheit. Selbst im Kölpiensee 500m entfernt vom Hafen liegt immer noch ein Britischer Bomber, der bei Luftangriffen auf den Entwicklungsstandort abgeschossen wurde. Nördlich des Sees, von einer Landstraße aus, kann man diesen auch immer noch sehen. Der damalige Ausbau des Geländes, ist auch der einzige Grund, warum der Deich existiert, auf dem ich gerade laufe. Der gesamte westliche Teil der Insel, diente alleine dem Zweck der Zerstörung und um diese weiter zu entwickeln!


Aber genug zu der Geschichte, kommen wir wieder zum Jetzt. Ich passiere die Piese und den Cämmerer See auf der rechten Seite und stehe kurz danach vor dem alten russischen U Boot im Hafen von Peenemünde. Ein Bismarckbrötchen und ein Radler später, heißt es dann ''nur'' noch 30 Minuten warten, bis die Fähre in Richtung Oie endlich ablegt. Wie lange eine halbe Stunde dauern kann, wenn man es nicht mehr erwarten kann!



Schließlich kommt aber unser kleines Schiff angetuckert, die ''MS Seeadler''. Wie passend kann ein Name für ein Schiff sein? Wir legen also ab, um kurz danach nochmal in Freest anzulegen, um die restlichen der ca. 50 Passagiere an Bord zu holen. Dies ist das einzige Passagierschiff das beinahe täglich zur Greifswalder Oie fährt, und heute bin ich einer dieser wenigen Menschen, die dieses Privileg genießen dürfen. Ein Fleck unberührter Natur mitten in der Ostsee und das schon seit Jahrhunderten, mit kurzen Ausnahmephasen, durch die Wehrmacht- und Sowjetsoldaten. Zu diesem Anlass, mache ich mich vor dem Hinweg runter zur Bar des Schiffes, Zeit für ein kühles Lübzer bevor es richtig los geht! Unser erstes Ziel bevor es auf den Greifswalder Bodden geht, ist das ehemalige Atomkraftwerk Lubmin. Ein imposanter Bau, der selbst von der Seeseite mehrere Kilometer entfernt, ziemlich beeindruckend und groß wirkt. Am morgigen Sonntag, werde ich nur mehrere Meter an ihm vorbei laufen.


Anschließend geht es entlang des Westufers Usedoms, Am Flughafen vorbei auf den Greifswalder Bodden. Uns fallen auf der linken Seite des Schiffes 2 merkwürdige Bauwerke mitten im Wasser auf. Dicke, massive, kurze Türme mit merkwürdigen Aufbauten, ragen völlig einsam mitten aus dem Wasser.


(mysteriöses Bauwerk im Greifswalder Bodden)


Der Kapitän erklärt uns neben anderen wissenswerten Fakten, dass es sich um Frauengefängnisse aus DDR Zeiten handelt. Heidewitzka die müssen ja richtig Scheiße gebaut haben, wenn die hier mitten auf See eingesperrt wurden. Alle Passagiere gucken sich ungläubig an. Der Kapitän wird auf dem Rückweg noch weitere Fakten zu diesen Bauwerken aus seinem Hut zaubern, so viel sei verraten. Als nächstes sehen wir auf der linken Seite unseres Schiffes eine kleine Insel mit einem Turm und einem kleinen Wald darauf. Es handelt sich um den Ruden, eine kleine Insel westlich von Usedom. Sie darf mittlerweile nicht mehr von Menschen betreten werden, da ihr kleiner Hafen, aufgrund von Schäden nicht mehr angelaufen werden darf.


(der Ruden)


Der Turm auf der winzigen Insel, diente der Wehrmacht als Ausguck, um bei Versuchen mit der V1 und V2, die Flugkurve und das Flugverhalten der Raketen zu analysieren. Selbst zu DDR-Zeiten war dort alles, inklusive des Flughafens auf Usedom und der Greifswalder Oie, Sperrgebiet der Sowjets und der NVA.


Kurz darauf als am Horizont schon die Umrisse der Oie zu erkennen sind, sieht man auf der rechten Seite in der Nähe mehrerer Sandbänke nördlich Usedoms, kleine schwarze Punkte im Wasser. Es handelt sich um alte Schiffwracks, die nach dem Krieg dorthin geschleppt wurden, um bei Übungsluftangriffen als Ziele zu dienen. Das muss da damals in regelmäßigen Abständen gerummst haben ohne Ende. Wahnsinnig Interessant!


Weiter auf der linken Seite ist dann endlich auch die Insel Rügen zu sehen. Bei all den vielen Dingen, die es dort zu sehen gab und dem wirklich coolen Käpt'n und seiner leidenschaftlich erzählten Geschichten, weißt du gar nicht wo du zuerst hinschauen sollst! Glücklicherweise bleibt bei der 80-90 minütigen Überfahrt genug Zeit um sich an allem satt zu sehen. Wir befinden uns mittlerweile mitten auf der Ostsee und das sieht man auch an der besser werdenden Wasserqualität. Ich sitze während der Hinfahrt nicht ein einziges Mal und das lag nicht daran, dass ich mir zwischendurch auch noch ein 2. Bier geholt hatte, sondern daran, dass du egal ob vorne, hinten, links oder rechts, jedes mal einen einmaligen Blick auf etwas Besonderes hattest.


Es ist nun nicht mehr weit bis zum Hafen der Oie. Das Wetter hält durch und lockert sogar, entgegen aller Vorhersagen, weiter auf. Langsam erkennt man den Leuchtturm auf der Nordseite der Insel, die Hafeneinfahrt und ein einsames Gebäude an der Südseite. Im Hafen einlaufend, der gleichzeitig auch ein Nothafen für Seeleute ist, sieht man dann auch ein kleines Schiff der Seenotrettung (DGzRS). Es ist dauerhaft auf der Insel stationiert, zusammen mit 3-4 Mann Besatzung, die in 2 Wochenschichten jeweils auf der Insel wohnen. 2 Wochen lang diese absolute Abgeschiedenheit und Ruhe, anschließend dann 2 Wochen frei. Ich komme später dazu, woher ich all diese Informationen habe. Wir legen also an und jetzt heißt es 3 Stunden lang, die Insel erkunden. Die erste Stunde begleite ich einen jungen Mann vom Verein Jordsand. Er und eine Handvoll anderer Menschen leben den gesamten Sommer auf der Insel und zählen den lieben langen Tag Vögel. Zugegeben, ich hätte keine Lust den ganzen Tag Vögel aus Fallen zu puhlen und sie, nachdem ich sie bereift habe, wieder freizulassen, aber einen ganzen Sommer auf dieser wunderschönen Insel zu wohnen? Sofort! Denn sie ist... traumhaft! Genau so wie ich sie mir vorgestellt hatte. Auf der Südseite und der an diesem Tag windgeschützten Ostseite, liegen auf beinahe jedem großen Stein der aus dem Wasser ragt, riesig dicke Kegelrobben! Mir war im Vorfeld gar nicht klar, dass es die hier auch gibt.


(gezoomtes Bild von den Kegelrobben auf den Steinen)


Dahinter erstreckt sich eine kleine Steilküste mit kristallklarem Wasser. Unfassbar viele Vögel sind um und auf der Insel zu finden, darunter auch hunderte Schwäne, die ich so komprimiert noch nirgends gesehen hatte. Auf der Insel selber sind verschiedenste Vegetationen zu erkennen. Vom Wald im Norden, Wiesen und Weiden in der Mitte und einem kleinen Strand im Süden, ist alles dabei. Nach der eben erwähnten ersten Stunde, ist es dann Zeit für mich, die Insel auf eigene Faust zu erkunden. Allerdings leider nur auf den gekennzeichneten Wegen, denn auf der Insel, die unter Naturschutz steht, ist das Verlassen der Wege strengstens verboten. Ein schweres Unterfangen, denn unten am Strand wäre mit Sicherheit der ein oder andere Bernstein zu finden!


(Leuchtturm auf der Greifswalder Oie)


Ich schlendere also gemütlich über die Insel in Richtung Leuchtturm. Zwischenzeitlich fühlt man sich wirklich wie der einzige Mensch auf Erden, so viel Ruhe und Friedlichkeit herrscht hier. Das Einzige was man neben dem Meeresrauschen hört, sind die vielen Vögel rund um die Insel und vereinzeltes Mähen von Schafen, die hier das ganze Jahr über grasen. Am Leuchtturm angekommen heißt es dann erstmal Treppen steigen. Aber es lohnt sich, denn der Blick der als Belohnung wartet, ist schlichtweg atemberaubend. Usedom, der Greifswalder Bodden und die Insel Rügen auf einen Blick! Durch das beständige Wetter, hat man an diesem Tag eine bemerkenswerte Fernsicht. Selbst die Kreidefelsen auf Rügen und die auch über 50km entfernten Kirchtürme Greifswalds sind über den Ruden hinweg zu erkennen. Ich gerate jedes Mal ins Schwärmen, wenn ich an diese Insel denke und anderen von ihr erzähle. Ich kann nur sagen, zieht euch diese Insel auf jeden Fall rein!


(Panoramablick vom Leuchtturm aus, links Usedom, rechts Rügen)


Ich verweile mindestens 30 Minuten auf dem Turm und langsam aber sicher, wird es leerer dort oben. Zum Schluss stehen nur noch unser Kapitän und ich auf der Aussichtsplattform. Wir kommen ins Gespräch, denn wie erwähnt ist er ein ziemlich angenehmer Typ, auch wieder typisch norddeutsch. Er selber ist einer von den Männern der Seenotrettung, die immer 2 Wochen lang auf der Insel stationiert sind und dann 2 Wochen frei haben. Das er jetzt mit uns und der ''MS Seeadler'' auf der Insel ist während er normalerweise 2 Wochen Urlaub hätte, tut er rein als Hobby, um anderen Menschen die Schönheit der Insel zu zeigen! Ich denke das sagt mehr als tausend Worte über diese Insel und was sie mit dir macht, wenn du sie mal erleben durftest! Er ist es auch, der mir noch einen Haufen weiterer Infos abseits der geführten Touren über die Insel verrät. Er erzählt mir, dass leider kein Seeadlerpaar auf der Insel brütet, denn das würde die ungeliebten Kormorane vertreiben, weil die Schiss vor Adlern haben. Von seinen Einsätzen bei der Seenotrettung und wie einfach man auf See in Not geraten kann, bis hin zu Beschreibungen, wo auf der Insel am besten Bernstein zu finden ist. Er weiß schlichtweg alles über die Insel und teilt dieses Wissen gerne mit mir.


(war hoch, da hält man sich lieber am Geländer fest)


Nachdem wir oben noch eine Weile verweilen, laufen wir beide ganz gemütlich zusammen zurück in Richtung Hafen. Schon jetzt werde ich wehmütig, da ich weiß, dass gleich schon alles wieder vorbei ist. Wir sind die letzten die am Schiff ankommen.


(die Greifswalder Oie)


Mein Herz blutet, als wir den Hafen wieder in Richtung offene Ostsee verlassen. Ich habe mich in diese Insel verliebt und ich hoffe sehr, dass ich nochmal die Möglichkeit bekomme sie erneut erleben zu dürfen. Das Bier auf der Rückfahrt, hole ich mir diesmal nicht aus Vorfreude, sondern wirklich aus Traurigkeit darüber, dass der Moment schon wieder so schnell vorbei war. Aber ich habe das Beste daraus gemacht und jeden Augenblick aufgesaugt. Sehnsüchtig blicke ich zurück auf die nun immer kleiner werdende Insel.


Wir fahren wieder an Usedom und dem Ruden vorbei und passieren bald wieder die beiden Frauengefängnisse im Greifswalder Bodden. "Hier wurden natürlich keine Frauen eingesperrt, das waren die Orientierungslichter des Flughafens in Peenemünde, damit die Piloten schon über dem Wasser wussten in welcher Richtung die Landebahn liegt", lässt der Kapitän über die Lautsprecher verlauten. Ein lautes Gelächter ist auf dem Schiff zu hören, denn vielen an Bord (mich eingeschlossen) war nicht klar, dass es sich hierbei nur um einen Scherz handelte. Wir fahren wieder in Richtung AKW Lubmin und sind bald kurz vor dem Hafen Freest's, als der Kapitän uns nochmal auf einen Seeadler direkt am Ufer sitzend aufmerksam macht. Das Schiff macht kurz vor dem Ende der Tour, seinem Namen nochmal alle Ehre.

Ich muss diesmal in Freest von Bord und drücke vor dem Gehen, dem Kapitän und seinem Bootsmann nochmal einen 5er für die Bierkasse zu.

Was für eine tolle Fahrt!


Es ist schon Abend als wir anlegen. Unweit des kleinen, niedlichen Fischerhafens besuche ich das sehr gut gefüllte Fischrestaurant ''An der Waterkant''. Der Wirt begrüßt mich höchstpersönlich und ich esse wirklich hervorragend. Anschließend geht es im Dauerlauf weiter Richtung Ortsausgang und dem ''Waldcamp'', denn die Anmeldung des Campingplatzes schließt um 20:00 Uhr und es ist 19:50 Uhr. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig und mache mich auf den Weg zu meinem Schlaf-Fass. Fast am Ende des Platzes und beinahe schon wieder am Wasser, stehe ich dann vor meiner Unterkunft.


(überragende Unterkunft- das Seefass)


Mit Sitzmöglichkeiten draußen, drinnen und Schlafmöglichkeiten für 2 Personen, ist es überraschend geräumig und ziemlich gemütlich! Ich lasse mir nach dem Duschen noch ein kleines Getränk auf meiner ''Terrasse'' schmecken, bevor ich schlafen gehe. in meinem Bett aus Isomatten und meinem Schlafsack, habe ich dann aus dem Fenster des Fasses einen perfekten Blick auf die Bucht und den Leuchtturm der Greifswalder Oie, weit draußen auf der Ostsee. Ein einzigartiger Abschluss eines einzigartigen Tages! Beim Einschlafen muss ich immer wieder von innen gegen die Wand des Fasses klopfen, denn ständig laufen irgendwelche Tiere darauf herum. Ich finde die kleinen tapsigen Stapfgeräusche zwar niedlich, beim Schlafen sind sie allerdings kontraproduktiv. Das zarte Flackern des entfernten Leuchtturms wirkt aber so beruhigend, dass ich bald im Land der Träume angekommen bin. Und ich werde wieder mal jede Minute Schlaf brauchen, denn die nächste Etappe in Richtung Greifswald, hat es dann wieder gehörig in sich!




 
 
 

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